Eine Szene aus einem Stummfilm: Am Rande eines Nadelwaldes stehen fünf Männer nebeneinander. Ihre schlecht sitzenden Uniformen hängen an diesem und jenem herunter wie alte Kittel. Unterhalb ihrer linken Oberschenkel klaffen Freiräume. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass Schuhe und Schenkel durch Metallgestänge verbunden sind: provisorische Prothesen, die darauf hinweisen, dass die Beine erst kürzlich amputiert worden sind. Die Einbeinigen sind zu einem speziellen Appell angetreten.
Gabelmesser
Gabel und Messer in einem Instrument vereinigt, mit Normansatz, rechts.
- Objektmaß (HxBxT): 1,8 x 19,5 x 2,7 cm
- Material: Stahl
Das Gabelmesser ist ein Prothesenaufsatz, der einer Person mit Doppelamputation die selbstständige Nahrungsaufnahme ermöglicht. Da das gabelförmige Objekt an der Außenseite des linken Zinkens eine Schneidekante hat, kann es als Gabel und zugleich als Messer verwendet werden. Das Gabelmesser ist eines von vielen auswechselbaren Werkzeugen, die an einem Prothesenunterarm mit standardisiertem Ansatz befestigt werden können, um bestimmte Funktionen der Hand zu ersetzen, in diesem Fall das Greifen und Halten des Essbestecks.
Kriegsverletzungen stellten im 20. Jahrhundert neben Krankheiten, Unfällen und angeborenen Fehlbildung der Gliedmaßen eine Hauptursache von Amputationen dar. Daher wurden chirurgische Methoden und der Prothesenbau oft in und unmittelbar nach Kriegen weiterentwickelt. Mit Prothesen lassen sich viele Tätigkeiten ausführen, bei denen Kraft, Grob- und Feinmotorik nötig sind. Ihnen fehlt jedoch die Sensorik der Haut, die den Tastsinn ermöglicht.
Beiträge zu diesem Objekt
Das Deutsche Hygiene-Museum versteht sich als Museum vom Menschen. Seine Sonderausstellungen beschäftigen sich mit aktuellen oder historischen Themen aus Wissenschaft und Gesellschaft, Kunst und Kultur. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung »Abenteuer Mensch« steht das Themenfeld Körper und Gesundheit. Körpergeschichte und damit die Frage nach dem Verhältnis von Körper und Gesellschaft bildet den thematischen Schwerpunkt der Sammlungstätigkeit des Deutschen Hygiene-Museums.
Die öffentliche Sicht auf die Themen Prothetik und Behinderung ist geprägt durch Medienberichte über paralympische Superathleten, körperbehinderte Models und Cyborgs, die sich von Zukunftsvisionen der 1980er Jahren mittlerweile in unsere Zeitgenossen verwandelt haben. Das vorliegende Objekt, das Gabelmesser, lenkt die Aufmerksamkeit auf einen viel weniger spektakulären Aspekt der Prothetik, nämlich auf die lästige Bewältigung des Alltags.